Microsoft lud ihre Schweizer Partnerunternehmen, darunter auch MondayCoffee, zu einem Kommunikationsanlass ein, um über die Planung der beiden Data-Center in der Schweiz zu informieren. Dabei hatte MondayCoffee die Gelegenheit, mit zwei Schlüsselpersonen, Marc Holitscher, National Technology Officer und Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Schweiz, sowie Primo Amrein, Cloud Lead Switzerland bei Microsoft, über das Vorhaben zu sprechen.
Die wichtigsten Take-Aways:
Microsoft nimmt noch in 2019 zwei Data-Center in der Schweiz in Betrieb, welche durch eine eigens geschaffene Tochtergesellschaft nach Schweizer Recht geführt werden.
Damit werden die international bekannten Cloud-Dienste Microsoft Azure, Office 365 und Dynamics auch mit nationaler Datenhaltung angeboten. Zusätzlich kommen spannende Plattformdienste wie SAP-on-Azure dazu.
Preise für Office 365 werden gleich sein wie in Europa, während Azure-Services teurer werden.
Es sind v.a. die regulierten Branchen, die Microsoft dazu bewogen haben, diese umfassende Investition in der Schweiz zu tätigen. Denn sie sind verpflichtet, ihre Daten innerhalb der Landesgrenzen zu halten.
Schweizer Unternehmen sind mehrheitlich offen dafür, ihre IT in die Cloud zu verlagern, benötigen aber Unterstützung bei Strategie und Umsetzung.
Mark Albrecht von MondayCoffee, hat Marc Holitscher, National Technology Officer und Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Schweiz, sowie Primo Amrein, Cloud Lead Switzerland bei Microsoft, interviewt.
Wir haben auf ein Kundenbedürfnis reagiert
Interview mit Marc Holitscher (MH), National Technology Officer, Mitglied der GL von Microsoft Schweiz
MA, MondayCoffee: Wie schätzt Du die Nachfrage von Schweizer Unternehmen für eine Schweizer Cloud ein?
MH, Microsoft: Die Entscheidung die Cloud in der Schweiz zu lancieren, entstand in erster Linie aus einem Kundenbedürfnis heraus. Banken, Versicherungen, die öffentliche Hand, also insbesondere Unternehmen regulierter Branchen, setzen eine Datenspeicherung in der Schweiz voraus. Wir haben uns intensiv mit solchen Unternehmen auseinandergesetzt und den Kontakt zu regulatorischen Behörden gesucht, um ihre Bedürfnisse genau zu verstehen.
Und nun bewegen sich die Behörden tatsächlich: Als bemerkenswertes Beispiel ist die Schweizer Bankier-Vereinigung zu nennen. Sie haben einen Leitfaden veröffentlicht mit Empfehlungen, wie eine Cloud für Schweizer Banken aussehen sollte.
Und im nichtregulierten Bereich?
MH, Microsoft: Dort trifft man - trotz weniger gesetzlichen Vorgaben zur Datenerhaltung - teils auf ein emotionales Phänomen. Viele Schweizer Unternehmen, so zum Beispiel im Manufacturing, möchten ihre Daten innerhalb ihres Landes haben, auch wenn sie nicht dazu gezwungen werden. Eine Swiss Cloud kann somit von einigen Kunden als Vorteil wahrgenommen werden.
Wie wird die Microsoft Swiss Cloud den Schweizer Data-Center-Markt beeinflussen?
MH, Microsoft: Die aktuelle Marktdynamik widerspiegelt die wachsende Nachfrage nach Cloud-Diensten. Neben lokalen Anbietern kommt ja nun auch ein zweiter Hyperscale-Player in die Schweiz.
Wenn man die Unternehmen nach ihren IT-Anforderungen befragt, dann kommen Innovationskraft, Geschwindigkeit und Kundenorientierung weit vor Kostenreduktion. Ebenfalls zu den wichtigsten Anforderungen gehört die Sicherheit. Es wird nämlich erkannt, dass grosse Cloud-Plattformen mindestens ein gleiches, wenn nicht sogar höheres Sicherheitsniveau bereitstellen können als dass dies von mittelgrossen Unternehmen selbst gewährleistet werden könnte. Das Sicherheitsargument bei der Public Cloud hat sich über die letzten 18 Monaten also von der Achillesferse zu einem Vorteil gewandelt.
Benötigt es nicht viel Aufklärungsarbeit, damit die Kunden diese Vorteile verstehen und schliesslich auch nutzen?
MH, Microsoft: Ja. Das braucht es. Unternehmen müssen verstehen, was sie von einer Cloud-Plattform haben, und wie sie ihr Geschäft auf sichere und rechtskonforme Art weiterentwickeln können.
Wird Microsoft nun mit diesen Data-Center in der Schweiz zu einem aktiven Infrastruktur-Anbieter? Wird der Markt merklich anders bearbeitet werden?
MH, Microsoft: Nein. Wir sind und positionieren uns klar als Service-Anbieter. Die Data-Center dienen der optimalen Bereitstellung unserer Dienstleistungen.
Microsoft deckt das ganze Spektrum ab: von IaaS über PaaS zu SaaS. Und unsere Partner müssen den Kunden dabei helfen, den besten Mehrwert aus der passenden Cloud-Anwendung zu finden.
Wie müssen sich die Partner von Microsoft weiterentwickeln?
MH, Microsoft: Ich bin zwar nicht direkt im Partnergeschäft tätig, aber ich bin überzeugt, dass die Kunden eine noch gesamtheitlichere Beratung erwarten. Da gibt es viele Themen wie Business Prozesse, Benutzerverhalten, IT Organisation, Umgang mit Legacy-Systemen, rechtliche Dimensionen etc. Es geht also nicht mehr nur um die technische Implementierung, sondern um viele zusätzliche Erfolgsfaktoren.
Bereitet sich Microsoft in der Schweiz auch auf solche zusätzlichen Themen vor?
MH, Microsoft: Ja. Microsoft Schweiz baut dazu Expertise lokal auf und dient auch als Brücke für weltweit verfügbares Knowhow für die Kunden. Manche Themen, wie z.B. Security & Compliance, werden auch online verfügbar gemacht.
Was bedeutet für dich Erfolg bei der Realisierung von diesem Grossprojekt?
MH, Microsoft Erfolg ist, wenn alle diese geplanten Massnahmen auch tatsächlich zu dem grossen Mehrwert im Markt führen werden, so wie wir das aktuell erwarten.
Im Moment macht es grosse Freude, da auch die regulatorischen Behörden klare Leitfaden für die Cloud-Anwendung publizieren und dadurch den Markt in Bewegung setzen. Das erhöht die Planungssicherheit. Wir können also zuversichtlich sein. Bis die Swiss Cloud eine breite Anwendung findet, wird es dennoch etwas Zeit brauchen.
Die Swiss Cloud geht noch dieses Jahr live!
Interview mit Primo Amrein (PA), Cloud Lead Switzerland Microsoft Schweiz
MA, MondayCoffee: Was ist das Konzept hinter den beiden Data-Center in der Schweiz
PA, Microsoft: Die beiden Data-Center «Switzerland North» und «Switzerland West» werden in der Nähe von Zürich und Genf aufgebaut. Ihr genauer Standort bleibt geheim. Sie werden durch eine vollständige Tochter von Microsoft nach Schweizer Recht betrieben werden.
Die beiden Data-Center werden gepaart, um eine geo-redundante Replizierung der Daten sicherzustellen, sodass gespeicherte Kundenkerndaten das Land nicht verlassen.
Wie wird sich Pricing aussehen?
PA, Microsoft: Office 365 Services sollen gemäss interner Weisung dieselben Lizenzpreise haben wie in Europa. Azure Services werden höhere Preise haben. Die effektiven Preise werden aber erst zum Launch-Zeitpunkt veröffentlicht werden.
Wann gehen Sie mit welchen Services live?
PA, Microsoft: Mit der Swiss Cloud noch in diesem Jahr. Den Start machen Azure IaaS-Dienste sowie einzelne PaaS-Dienste wie Azure SQL DB und Cosmos DB. Office 365 folgt ca. 3-6 Monate danach mit den Kerndiensten Exchange Online, SharePoint Online und OneDrive for Business, gefolgt von anderen O365 Services etwas später. Die Dynamics 365-Dienste folgen ca. 6-12 Monate nach dem Launch. Weitere Azure AI-Dienste (Cognitive Services) etwas später, wobei die konkrete Marktnachfrage auch dabei helfen kann, sie schneller aufzuschalten.
Werden wirklich alle Office 365 Services auf den Swiss Data Center verfügbar sein?
PA, Microsoft: Eigentlich schon. Auch für Yammer wird eine lokale Datenhaltung folgen, wobei der genaue Zeitpunkt noch nicht feststeht. Ob letztlich sämtliche Services wie z.B. Sway auch lokal verfügbar werden, wird sich zeigen.
Welche Dienste werden denn auf absehbare Zeit NICHT auf den Schweizer Data Center verfügbar sein?
PA, Microsoft: Gewisse globale Services, wie z.B. Azure AD, Intune, Security Center und MFA, werden gemäss aktuellem Kenntnisstand nicht exklusiv lokal angeboten, aber sie werden natürlich integriert mit der Swiss Cloud verfügbar sein.
Dennoch verbleiben die wichtigen Kundendaten tatsächlich in der Schweiz?
PA, Microsoft: Richtig. Wir sorgen dafür, dass die sogenannten Kundenkerndaten vor Ort bleiben und die Schweiz nicht verlassen. Vielmehr sind es Metadaten, die über die Landesgrenzen gehen.
Welche Vorteile würde es für bestehende Benutzer der Europäischen Cloud geben, wenn sie ihre Datenhaltung auf die Swiss Cloud verschieben?
PA, Microsoft: Unternehmen, die bereits Gebrauch von unseren Europäischen Data Centern machen, werden wohl nicht im grossen Stil in die Schweiz migrieren. Aber wir gehen davon aus, dass die Performance und Latenz für die Benutzer in der Schweiz merklich besser werden.
Wie sieht dein Arbeitstag im Zusammenhang mit diesem Projekt aus?
PA, Microsoft: Als Program Manager koordiniere alle laufenden Aktivitäten und schaffe eine Gesamtübersicht. Aber es gibt immer wieder Überraschungen und Abstimmungsbedarf, die den Alltag spannend gestalten. Manchmal darf ich auch eine Rolle in der externen Kommunikation wahrnehmen, was mir auch Spass macht.